Das LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.03.2013, 8 Sa 534/12) vertritt die Ansicht, dass es einem Arbeitgeber zumutbar ist, für die durch Äußerung des Teilzeitverlangens eines Arbeitnehmers verringerte wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 30 Stunden und die dadurch entstehende Lücke im Personalbedarf eine Ersatzkraft einzustellen.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin arbeitet in einer Versandapotheke, wo ihre Aufgabe im Wesentlichen darin besteht, Medikamente zu verpacken und versandfertig zu machen.
Im Betrieb des Beklagten wird auf der Basis von Schichtplänen gearbeitet. Montags und dienstags sowie an den auf einen Feiertag folgenden Tagen sind die Arbeitnehmer täglich zehn Stunden zuzüglich Pausen anwesend, um eingegangene Bestellungen fristgerecht versandfertig machen zu können. Jede Arbeitsstation ist während des gesamten Arbeitstages gleichmäßig besetzt, um eine reibungslose Bearbeitung der eingegangenen Bestellungen gewährleisten zu können. Die Klägerin arbeitet in der Regel montags von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr, dienstags und mittwochs von 9.00 bis 18.00 Uhr, donnerstags von 9.30 Uhr bis 17.00 Uhr sowie freitags von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr, jeweils unterbrochen von einer Pause zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr. Im Schichtplan werden regelmäßig zwei oder drei Aushilfen neben dem Stammpersonal zur Arbeit eingeteilt.
Das lange Stehen führt bei der Klägerin jedoch zu gesundheitlichen Problemen. Wenn sie lange stehen muss, schwillt ihr Knie an. Mit Schreiben vom 30.03.2012 beantragte die Klägerin daher bei dem Beklagten, ihre Arbeitszeit ab dem 01.07.2012 von bisher 40 auf 30 Stunden pro Woche zu reduzieren und diese Arbeitszeit auf montags bis freitags, jeweils von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr zu verteilen. Den Antrag wies der Beklagte zurück.
Organisatorische Gründe und Störung des Betriebsablaufs
In der ersten Instanz hat der beklagte Arbeitgeber geltend gemacht, dem Begehren der Klägerin auf Verringerung ihrer Arbeitszeit stünden organisatorische Gründe entgegen. Darüber hinaus führe die Verringerung der Arbeitszeit auch zu einer Störung des Betriebsablaufs. Letztlich entstünden ihm hierdurch unverhältnismäßig hohe Kosten. Die Beschäftigung auf Teilzeitbasis widerspreche zudem der Struktur des Betriebes einer Versandapotheke.
Unmöglichkeit den Arbeitsplatz zu besetzen
Es sei nicht möglich, nur von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr zu arbeiten, da der Arbeitsplatz der Klägerin dann nicht – wie erforderlich – bis 17.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr besetzt sei. Die anderen Mitarbeiter seien nicht in der Lage, die von der Klägerin auszuführende Arbeit ab 14.00 Uhr mit zu erledigen.
Kompensation nicht durch Ersatzkraft möglich
Die infolge einer Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin fehlenden Stunden könnten nicht durch Einstellung einer Ersatzkraft kompensiert werden, da die Einstellung einer Aushilfskraft für zehn Stunden pro Woche praktisch nicht zumutbar und unwirtschaftlich sei.
Mit dieser Argumentation unterlag der Beklagte bereits in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen. Auch in der Berufungsinstanz blieb er erfolglos. Nach Ansicht des Gerichts hat die Klägerin gegen den Beklagten gemäß einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Verringerung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit, § 8 IV S1 TzBfG von 40 auf 30 Stunden sowie auf Zustimmung zur Verteilung der Arbeitszeit nach Maßgabe der Klägerin. Die vom Arbeitgeber vorgetragenen betrieblichen Gründe stehen einer Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit nach den Wünschen der Klägerin nicht entgegen.
Anpassung der betrieblichen Organisation zumutbar
Es ist dem Beklagten jedoch sowohl möglich als auch zumutbar, für die ausfallende Arbeitszeit der Klägerin eine Ersatzkraft einzustellen, d. h. insoweit eine Änderung des Personaleinsatzes vorzunehmen und dadurch den Arbeitszeitwunsch der Klägerin mit dem betrieblichen Organisationskonzept in Einklang zu bringen.
Der Einwand des Arbeitgebers, keine geeignete Ersatzkraft finden zu können, ist nach Ansicht des Gerichts nur beachtlich, wenn dieser nachweist, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers, der seine Arbeitszeit reduzieren möchte, entsprechende zusätzliche Teilzeitkraft auf dem für ihn maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht. Das lediglich pauschale Vorbringen des Beklagten, wonach er zwar die Möglichkeit der Einstellung einer Teilzeitkraft geprüft habe, eine solche Einstellung jedoch unmöglich sei, erschien dem Gericht als zu unsubstanziiert.
Dem Berufungsgericht war zudem nicht ansatzweise (sic!) erkennbar, warum dem Beklagten die Einstellung einer Teilzeitkraft für zehn Stunden pro Woche – etwa im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses – zum Ausgleich der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin nicht möglich sein soll.
Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass die Hürden für Arbeitgeber, die einem Teilzeitverlangen ihrer Arbeitnehmer nicht entsprechen wollen, stetig höher gelegt werden. Die Anforderungen der Gerichte an die Darlegung der betrieblichen Gründe, die dem Teilzeitverlangen entgegenstehen, sind erheblich. Arbeitgeber sollte daher vor Ablehnung eines Teilzeitverlangens ihre Begründung eingehend prüfen (lassen), ob diese auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.