Aktuell ergeht an den üblichen Amtsgerichten, an denen die bekannten Abmahnkanzleien versuchen Ansprüche auf Schadenersatz und Erstattung der Rechtsverfolgungskosten einzuklagen, eine Vielzahl von Hinweisbeschlüssen, die ein Ende des sog. fliegenden Gerichtsstandes im Bereich der (Filesharing-)Abmahnungen andeuten.

Der sog. fliegenden Gerichtsstand führte dazu, dass gerade in Filesharing-Fällen hauptsächlich am Gerichtsstand der abmahnenden Rechtsanwälte geklagt wurde. Entscheidungen kamen daher überwiegend aus Köln, München oder Hamburg und unterschieden sich, aufgrund der i.d.R gleichbleibenden bearbeitenden Richtern, selten.

So haben aber zuletzt nicht nur das AG München, (Beschluss vom 19.06.2013,172 C 9257/13) und das AG Berlin-Mitte (Beschluss vom 02.08.2013, 116 C 55/13) die von den Abmahnkanzleien zur örtlichen Zuständigkeit vertretene Ansicht abgelehnt. Auch das AG Bielefeld hat nun, in einem Hinweisbeschluss vom 27.8.2013, 42C 160/13, den der Kollege Stefan Lutz veröffentlicht hat, in einer auch aus meiner Sicht zutreffenden Weise, zur örtlichen Zuständigkeit ausgeführt:

„Es wird darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Bielefeld bestehen, da keine der Parteien ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Bielefeld hat und somit ein Bezug zum hiesigen Gerichtsbezirk fehlt. Die Klägerin mag Verweisung an ein zuständiges Amtsgericht beantragen.

Gründe: Eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Bielefeld dürfte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet sein. Die bloße Abrufbarkeit des streitgegenständlichen Films im Internet reicht nicht zur Begründung einer örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Bielefeld aus. Nach der BGH-Entscheidung „New York Times“ (GROR 2010, 461) erfolgt bei der Frage der Entscheidungszuständigkeit bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet in einer Pressesache eine Einschränkung des § 32 ZPO dahingehend, dass als (potentieller) Erfolgsort einer Persönlichkeitsrechtsverletzung jeder Ort anzusehen ist, zu dem die angegriffenen Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug aufweisen. Dafür ist nicht, wie bei marktbezogenen Delikten, wie etwa Marken- und Wettbewerbsverletzungen, auf die bestimmungsgemäße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Internetseite abzustellen. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, dass an dem jeweiligen Ort eine Kenntnisnahme nach den Umständen des konkreten Falles erheblich näher liegt, als dies auf Grund der bloß theoretischen Möglichkeit des Abrufs der Fall wäre (BGH a.a.O. GZ 16 ff.). Die vom BGH im Hinblick auf die internationalen Zuständigkeiten für  Persönlichkeitsrechtsverletzungen aufgestellten Grundsätze sind auf das Urheberrecht und die inländische Deliktzuständigkeit des § 32 ZPO übertragbar (so wörtlich Amtsgericht Hamburg, Beschluss vom 28.6.2011 – 36 a C 369/10). Die Annahme eines fliegenden Gerichtsstandes bei Urheberrechtsverletzungen im Internet wird von zahlreichen Amtsgerichten abgelehnt, da sich die Erhebung einer Klage wegen eines im Internet begangenen Urheberrechtsverstoßes ohne konkreten tatsächlichen Bezug zum angerufenen Gericht als willkührlich darstellt (vgl. AG Bochum, Beschluss vom 10.11.2011, 42 C 465/11; AG München, Beschluss vom 19.06.2013,172 C 9257/13; AG Berlin-Mitte, Beschluss vom 02.08.2013, 116 C 55/13). Vorliegend ist ein Bezug der von der Klägerin geltend gemachten Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Bielefeld nicht erkennbar. Zum Zeitpunkt der Abgabe des Verfahrens durch das Mahngericht an das Amtsgericht Bielefeld hatten weder die Klägerin noch die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zuständigkeitsbereich des Amtsgericht Bielefeld. Darüber hinaus liegt auch der Erfolgsort der von der Klägerin behaupteten urheberrechtlichen.Verletzung nicht im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Bielefeld. Es fehlt nämlich jeglicher Bezug zum hiesigen Gerichtsbezirk. Die bloß theoretische Möglichkeit des Abrufes des fraglichen Films in Internet mittels eines Filesharing-Programms reicht zur Begründung einer Zuständigkeit des Amtsgerichts Bielefeld nicht aus. Auch das LG Bielefeld und OLG Hamm vertreten in ständiger Rechtsprechung, dass ein Erfolgsort nur durch einen bestimmungsgemäßen Abruf begründet werden kann. Ein solcher bestimmungsgemäßer Abruf im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Bielefeld wurde jedoch von der Klägerin nicht näher dargelegt. EineZuständigkeit des Amtsgerichts Bielefeld dürfte daher nicht gegeben sein.“

Gesetzliche Regelung

Um in der Sache eine einheitliche gesetzliche Regelung zu finden, hat bereits der Bundestag am 27.06.2013 den, aus meiner Sicht überfälligen, Entwurf eines “Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken” verabschiedet, durch das z.B. auch der neue § 104a UrhG eingeführt werden soll. Dieser sieht eine ausdrückliche Regelung zur örtlichen Zuständigkeit der Gerichte in Urheberrechtssteitsachen vor.

§ 104a UrhG Gerichtsstand

(1) Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gerichtausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnl ichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
(2) § 105 bleibt unberührt

Mehr Informationen zu diesem Gesetz auf den Seiten des Bundestages.

Das Ende des „fliegenden Gerichtsstandes in Filesharing-Fällen“ scheint damit besiegelt.

Ende des fliegenden Gerichtsstandes bei (Filesharing-)Abmahnungen?