Das Bundesarbeitsgericht (9 AZR 725/13) hat seine Rechtsprechung bezüglich der Kürzung von Urlaubsansprüchen wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit geändert. Will der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit kürzen, muss er dies vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklären. Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, ist eine wirksame Kürzung des Urlaubsanspruchs nicht mehr möglich.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin war in der Zeit vom 01.04.2007 bis zum 15.02.2012 bei der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Der jährliche Urlaubsanspruch der Klägerin betrug, auf Grundlage einer Fünf-Tage-Woche, 36 Tage. Im Dezember 2010 brachte die Klägerin einen Sohn zur Welt und befand sich im Anschluss daran bis zum 15. 05.2012 in Elternzeit. Das Arbeitsverhältnis endete aus unbekannten Gründen mit Ablauf der Elternzeit.

Durch Ihren Anwalt forderte die Klägerin die Beklagte auf restliche, nicht gewährte, Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis einschließlich 2012 abzugelten und entsprechend abzurechen. Die Beklagte reagierte nicht, sodass Klage geboten war. Mit Schriftsatz vom 07.09.2012 beantragte die Beklagte die Abweisung der Klage und erklärte erstmals in diesem Schriftsatz, dass der Erholungsurlaub, welcher der Klägerin für das Urlaubsjahr zustehe, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit gemäß § 17 BEEG um ein Zwölftel gekürzt werde.

Das Arbeitsgericht Hamm hat die auf vollständige Abgeltung des Resturlaubs gerichtete Klage vollumfänglich abgewiesen. Es begründete seine Klageabweisung damit, dass die von der Klägerin erworbenen Urlaubsansprüche, durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 07.09.2012, erloschen seien. Gegen das Urteil hat die Klägerin erfolgreich Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht Hamm hielt die Kürzung des Erholungsurlaubs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte für unwirksam.

Gegen das Urteil legte die Beklagte Revision vor dem Bundesarbeitsgericht ein. Diese blieb jedoch erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.05.2015 (9 AZR 725/13) festgestellt, dass der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr kürzen könne.

Richtig ist, dass der Arbeitgeber, gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG, den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, grundsätzlich für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann. Dazu muss der Arbeitgeber sein Kürzungsrecht aber ausüben. Dies kann er durch Erklärung gegenüber seinem Arbeitnehmer machen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 28.07.1992, 9 AZR 340/91) kam es bei der Kürzung des Urlaubs nicht darauf ankam, wann der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubsanspruchs erklärte. Bislang konnte der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubsanspruchs nicht nur während des Arbeitsverhältnisses aussprechen, sondern auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nun, wegen der Aufgabe der sogenannten Surrogatstheorie (Rechtsprechungsänderung des BAG im Anschluss die Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH, 20.01.2009, Az.: C-351/06), geändert.

Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr Surrogat (lat. surrogatus „Ersatz“) des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch, der aufgrund urlaubsrechtlicher Vorschriften entsteht, § 7 IV BUrlG. Ist der Abgeltungsanspruch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden, bildet er jedoch einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, er wird also auch vererbt. Aus diesem Grund ist es für die wirksame Kürzung des Urlaubsanspruchs gemäß § 17 BEEG notwendig, dass der Urlaubsanspruch noch besteht. Dies ist aber nicht (mehr) der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Denn, mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandelt sich der Anspruch auf Urlaub sofort in einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (Auszahlung des Urlaubs) um.

Fazit

Arbeitgebern, kann entsprechend nur geraten werden, wenn sie eine wirksame Kürzung des Urlaubsanspruches aufgrund der Elternzeit vornehmen möchten, diese zu erklären bevor das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Urteil: Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit