Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 22. März 2007 – Az. 9 Ca 475/06) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der (gekündigte) Kläger (Lagerist) nimmt regelmäßig an Marathonläufen teil und läuft, neben weiteren sportlichen Aktivitäten wie Radfahren und Schwimmen, ca. 3.000 km pro Jahr. Bei einem Wegeunfall (Sturz vom Fahrrad) brach sich der Kläger das linke Schulterblatt. Dies führte zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit (Anfang September 2006 bis Ende Oktober 2006).

12 Tage nach dem Unfall nahm der Kläger jedoch bereits wieder an einem 53km Lauf in Österreich teil und einige Wochen später am Alb-Marathon Schwäbisch Gmünd. Beide Läufe fanden während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit statt.

Vor der Teilnahme an den beiden Laufveranstaltungen hatte der Kläger den behandelnden Arzt zur Frage konsultiert. Dieser hatte ihm erklärt, dass aus seiner (medizinischen) Sicht nichts gegen eine Teilnahme spreche, insbesondere mit keiner Verzögerung des Heilungsverlaufs zu rechnen sei. Der Arzt riet dem Kläger nur er solle die sportliche Betätigung einstellen, sobald Schmerzen aufträten. Der Arbeitgeber erfuhr von der Teilnahme an den Sprortveranstaltungen aus der Presse und kündigte dem Kläger fristlos. Gegen diese Kündigung richtete sich die Klage, mit Erfolg.

Kündigungsschutzklage erfolgreich

Das Arbeitsgericht Stuttgart gab dem Kläger Recht und entschied, die Kündigung sei unwirksam. Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer, der seinen (arbeits-)vertraglichen Tätigkeiten nicht nachkommen kann, lediglich Aktivitäten zu unterlassen die den Heilungsprozess verzögern und einer Genesung entgegenstehen. Es ließ sich jedoch nicht feststellen, dass der Kläger mit der Teilnahme an den Marathonläufen seine Genesung ernsthaft gefährdet hätte. “Dem stehe schon die vorherige ärztliche Konsultation und die positive Einschätzung des behandelnden Arztes entgegen”, so das Arbeitsgericht Stuttgart. Da der Läufer eine ärztliche Bescheinigung beibrachte, die bestätigte, dass die Läufe die Heilung nicht beeinträchtigten, war die Kündigung nicht rechtmäßig.

Sport erlaubt, wenn der Heilungsprozess nicht verzögert wird

Das Urteil bestätigt damit erneut, dass es dem Arbeitnehmer, der eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen kann, frei steht allen Aktivitäten nachzugehen, solange sie den Heilungsprozess nicht verzögern. Ein Arbeitnehmer kann demnach, solange es mit dem Grund der Arbeitsunfähigkeit vereinbar ist, auch während der Zeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in den Urlaub fahren, Sport treiben, kulturelle Veranstaltungen besuchen, etc.

Urteil: Marathon trotz Arbeitsunfähigkeit
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