Einmal kurz nicht aufgepasst und schon waren zwei Nullen zu viel auf dem Papier: Anstelle von 10 Euro überwies eine Käuferin gleich 1.000 Euro für eine gebrauchte Kinderhose an die Verkäuferin. Weil sie die 990 Euro zurückhaben wollte, zog sie vor das Amtsgericht in Trier – und bekam (nur) teilweise recht.

Pressemitteilung AG Trier

Die Klägerin hatte über eine Internetplattform für 9,50 Euro eine gebrauchte Kinderhose gekauft und wollte dann 10,00 Euro an die Beklagte überweisen. Sie füllte daraufhin handschriftlich einen Überweisungsträger für ihre Bank aus, wobei das Komma unter die Betragszeile geriet. Beim automatischen Einlesen des Überweisungsauftrages wurde das Komma nicht erfasst, woraufhin die Bank einen Betrag von 1000 Euro überwies. Nachdem diese den Zahlungseingang bemerkt hatte, schrieb sie eine E-Mail an die Klägerin mit folgendem Inhalt:

„Hallo, die Zahlung ist eingegangen, allerdings haben sie sich vertan. Sie haben mir statt 9,50 Euro, sage und schreibe 1.000 Euro überwiesen. Wenn ich das nicht als Trinkgeld verstehen soll, schicken Sie mir doch bitte Ihre Bankverbindungsdaten, damit ich Ihnen das Geld zurücküberweisen kann 😉 Liebe Grüße.“

Die Klägerin, die diese E-Mail wohl nicht richtig gelesen hatte, antwortete:

„Nein, das passt schon so ;-).“

Die Beklagte bedankte sich noch einmal mit den Worten: „Hallo nochmal, Ich bin gerade ein wenig sprachlos über so viel Großzügigkeit. Ich meine, ich will mich nicht beklagen, ich bin eine arme Studentin und kann das Geld wirklich gut gebrauchen. Aber darf ich den Grund für ihre Großzügigkeit erfahren? Liebe Grüße.“ Nachdem die Klägerin dann ihren Kontoauszug eingesehen hatte, forderte sie von der Beklagten Zahlung eines Betrages von 990 Euro. Ihrer Ansicht nach habe die Beklagte nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass jemand 1.000 Euro für eine gebrauchte Kinderhose zahle, obwohl der Kaufpreis bei 9,50 Euro gelegen habe. Die Beklagte machte geltend, sie habe den unverhofften Geldsegen in den nächsten Tagen für außergewöhnliche Dinge verwendet (Kleidung, Pflegeprodukte, Essen pp.).

Die zuständige Richterin gelangte zu dem Ergebnis, dass es letztlich darauf ankomme, inwieweit die Beklagte sich auf eine Entreicherung (i.S.v § 818 III BGB) berufen könne. Die Parteien haben sich daraufhin auf eine Rückzahlung knapp der Hälfte des eingeklagten Betrages verständigt und so eine Beweisaufnahme hinsichtlich der einzelnen Anschaffungen der Beklagten vermieden.

Quelle: Pressemitteilung des AG Trier vom 12.03.2014, Beschluss vom 12.03.2014, Az.: 31 C 422/13

Die Erklärung

Die Klägerin begründete ihren Anspruch gegen die Beklagten mit der Regelung des § 812 BGB. Denn, gemäß § 812 BGB ist

[…] wer durch die Leistung eines anderen […]  etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, […] zur Herausgabe verpflichtet. […]

Die Klägerin argumentierte also dahingehend, dass es keinen rechtlichen Grund für die Zahlung der 990 Euro an die Beklagte gab. Sie behauptete, sie habe sich offensichtlich vertan. Die Beklagte behauptete bestimmt, die Klägerin habe ihr die 990 Euro schenken wollen. Davon ging offenbar auch das Gericht nicht aus und sah den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der 990 Euro als grundsätzlich gegeben an.

Das Gesetz regelt in § 818 III BGB jedoch folgendes:

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

Auf diese Regelung berief sich die Beklagte und behauptete das gesamte Geld im Vertrauen darauf, dass sie es tatsächlich behalten könne, für Kleidung, Pflegeprodukte, Essen pp. ausgegeben zu haben. Man nennt dies die „Einrede der Entreicherung“ erheben.

Eine „Entreicherung“ liegt aber nur dann vor, wenn sich das (zu unrecht) Erlangte nicht mehr im Vermögen des Bereicherten befindet und sich der Bereicherte durch die Weggabe des Erlangten auch keine Aufwendungen erspart hat. Insbesondere an der letzten Voraussetzung scheitert oftmals das erfolgreiche Erheben dieser Einwendung.

Denn, in Fällen wie diesen ist es zwar richtig, dass das Geld in seiner ursprünglichen Form nicht mehr im Vermögen der (hier) Beklagten zu finden ist. Für das Geld sind aber oft andere Wertgegenstände, z.B. Kleidung, angeschafft worden. Diese haben aber natürlich einen in Geld messbaren Wert. Um diesen Wert ist dann auch das jeweilige Vermögen gestiegen bzw. der Bereicherte hat sich andere Aufwendungen zum Kauf der Wertgegenstände erspart. Die Einrede der Entreicherung geht dann ins Leere.

Um eine (vermutlich) langwierige Beweisaufnahme über die konkrete Verwendung der 990 Euro und eine Berechnung der Werte, um die das Vermögen der Beklagten angestiegen war, zu sparen, haben sich die Parteien hier offenbar, auf die Rückzahlung von „knapp der Hälfte“ geeinigt.

Presse: Rückzahlung von 990 fehlerhaft überwiesenen Euro