Ist eine Angestellte des Arbeitgebers bei Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten des Arbeitnehmers als Zeugin mitgenommen worden, so ist davon auszugehen, dass sie ihre Beobachtungen sorgfältig macht und besonders Hausnummern und Namen nicht verwechselt. Bestreitet der Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung, muss er genau darlegen von wem und wann der Briefkasten geöffnet wurde und ob zum Beispiel noch andere Postsendungen im Briefkasten waren.

Zum Sachverhalt

Der 1965 geborene, verheiratete Kläger war seit Januar 2009 bei der Beklagten, die ca. 35 Arbeitnehmer beschäftigt, als Programmierer zu einem Bruttomonatsgehalt von  ca.  4.700 € angestellt. Im Kündigungsschutzverfahren wurde sich über die Wirksamkeit von drei Kündigungen gestritten. Die Beklagte hatte  das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.12.2013 zum 31.03.2014 ordentlich, mit Schreiben vom 30.01.2014 fristlos und mit Schreiben 22.05.2014, erneut, fristlos gekündigt.

Hauptsächlich bestand der Streit darüber, wann und ob dem Kläger, die Kündigung vom 30.01.2014 zugegangen ist. Der Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung ist insofern wichtig, weil gegen jede Kündigung innerhalb einer Frist von 3 Wochen Kündigungsschutzklage eingelegt werden muss, um die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Versäumt man diese Frist zur Einlegung der Kündigungsschutzklage, gilt die Kündigung als wirksam.

Die Beklagte behauptet, das Kündigungsschreiben sei am 30.01.2014 gegen 12:45 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden. Damit wäre dem Kläger die Kündigung auch am 30.01.2014 zugegangen. Dies bestreitet der Kläger und behauptet er habe von der Kündigung am 30.01.2014 zum ersten Mal in einen Schriftsatz der Beklagten vom 27.02.2014 gelesen.

Das Arbeitsgericht hat entsprechend Beweis erhoben und eine Zeugin. vernommen, die bei Einwurf des Kündigungsschreiben, durch einen Vorstand der Beklagten, am 30.01.2014 dabei gewesen sein soll. Nach Vernehmung der Zeugin ging das Gericht davon aus, dass der Sachverhalt so war, wie die Arbeitgeberin ihn behauptet hatte.

In erster Instanz wurde entsprechend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 30.01.2014 wirksam gekündigt wurde. Eine Überprüfung der Kündigung, ob überhaupt ein ausreichender Kündigungsgrund vorlag, war nicht mehr möglich gewesen, da der Kläger die Frist von 3 Wochen zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht eingehalten hatte.

In der Berufungsinstanz vor dem LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19.02.2015 – 5 Sa 475/14) versuchte der Kläger die Feststellungen des Arbeitsgerichtes anzugreifen. Er meinte es bestehe ausreichend Grund zu der Annahme, dass die Zeugin die Hausnummern 67 und 69 verwechselt habe und daher die Kündigung im falschen Haus eingeworfen worden sei. Eine nachvollziehbare Erklärung wie er darauf komme, dass die Zeugin neben der Hausnummer auch die Namen auf den Briefkästen verwechselt hätte, blieb der Kläger jedoch schuldig.

Auch der Versuch einer nachträglichen Zulassung der Klage, um die Nichteinhaltung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zu korrigieren blieb erfolglos. Dem Kläger gelang es nicht ausreichend darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihm ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Klagefrist nicht vorgeworfen werden könne. In der Rechtsprechung ist anerkannt (vgl. BAG 28.05.2009 – 2 AZR 732/08), dass der Inhaber eines Hausbriefkastens grundsätzlich dafür Sorge zu tragen und Vorsorge treffen muss, dass er von für ihn bestimmte Post Kenntnis nehmen kann. Es reicht nicht aus sich nur darauf zu berufen, ein Kündigungsschreiben sei weder von ihm noch von seiner Ehefrau im Hausbriefkasten vorgefunden worden. Der Kläger hätte im vorliegenden Fall immerhin darlegen müssen, wer von den in Betracht kommenden Personen im fraglichen Zeitraum den Briefkasten geleert hat und, ob andere Postsendungen oder Reklame sich im Briefkasten befanden und wie mit diesen verfahren wurde (vgl. BAG 28.05.2009 – 2 AZR 732/08, aaO).

Fazit

Die Verteidigung gegen eine Kündigung mit „die habe ich nie bekommen“ kann, wenn der Arbeitgeber einen Zeugen benennen kann, nur erfolgreich sein, wenn man für das Gericht einen nachvollziehbaren Sachverhalt vorträgt, aus dem sich zumindest ergibt, dass die Möglichkeit nicht unwahrscheinlich ist, dass man die Kündigung tatsächlich nicht bekommen hat. Es reicht hierzu nicht aus nur pauschal zu bestreiten eine Kündigung erhalten zu haben . Es muss tatsächlich dargelegt werden von wem und wann der Briefkasten geöffnet wurde und ob zum Beispiel noch andere Postsendungen im Briefkasten waren.

Urteil: Beweis des Zugangs der Kündigung durch Zeugin