Vielen ging es gestern und auch heute so: Sie kommen zu spät oder gar nicht zur Arbeit. Die Gründe sind vielfältig: Der ÖPNV fährt nicht oder ist erheblich verspätet. Die Straßen sind überfüllt oder das Auto ist beschädigt. Aber was ist mit der ausgefallenen Arbeitszeit? Muss der Arbeitnehmer einen Urlaubstag verbrauchen, Nacharbeiten, droht eine Lohnkürzung oder sogar eine Abmahnung?
Wegerisiko beim Arbeitnehmer
Im Arbeitsverhältnis ist die Risikoverteilung, dass Arbeitnehmer oder Arbeitgeber seine Leistungen nicht erbringen kann mehr oder weniger klar geregelt. Der Arbeitgeber trägt das sog. Betriebsrisiko, der Arbeitnehmer das sog. Wegerisiko. Das bedeutet, der Arbeitnehmer ist dafür verantwortlich, dass er pünktlich am Arbeitsplatz erscheint, um seine Arbeitsleistung anzubieten und zu erbringen. Kann er seinen Arbeitsplatz aus Gründen, die ihm nicht vorzuwerfen sind, nicht (pünktlich) erreichen, z.B. wegen eingetretener Eisglätte, Smogalarm, Streik oder einem Unwetter, ist ihm die Leistungserbringung (das Arbeiten für den Arbeitgeber) unmöglich. Dies führt dazu, dass auch der Arbeitgeber von seiner Leistungspflicht, der Lohnzahlung, befreit wird.
Betriebsrisiko beim Arbeitgeber
Von dem beim Arbeitgeber liegenden Betriebsrisiko umfasst werden Störungen im Betrieb des Arbeitgebers, die dazu führen, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung der arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitnehmer aus Gründen, die weder vom Arbeitgeber, noch vom Arbeitnehmer zu vertreten sind, nicht annehmen kann, die Arbeitnehmer also nicht arbeiten können. Denkbar sind hier z.B. technische Störungen im Betrieb, Brand in der oder der Betriebsstätte, Naturereignisse wie Überschwemmung oder Unwetter, wirtschaftliche Gründe (Lieferausfall), gesetzliche oder behördliche Anordnungen und Verbote sowie jede Art von höherer Gewalt. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber Lohn zu zahlen, obwohl die Arbeitnehmer ihre Leistungen (ihre Arbeit) nicht erbracht haben.
Folgen
Kommt der Arbeitnehmer also nicht zur Arbeit kann dies verschiedene Folgen haben
Überstunden
Der Arbeitgeber kann betriebsbedingt Überstunden anordnen. Dies auch noch am selben oder dem Folgetag, wenn z.B. dringende Termine eingehalten werden müssen.
Urlaubstag / Überstunden
Es ist auch möglich, den ausgefallenen Arbeitstag oder Teile des Tages mit einem bezahlten/unbezahlten Urlaubstag oder etwaigem Guthaben aus Überstunden zu verrechnen.
Nacharbeiten
Der Arbeitgeber kann natürlich auch verlangen, solange er die Regelungen des Arbeitszeitgesetz einhält, dass die ausgefallene Arbeitszeit an anderen Tagen nachgearbeitet wird.
Abmahnung
Eine Abmahnung dürfte vom Arbeitgeber grds. eher nicht wirksam ausgesprochen werden können. Dies insbesondere dann nicht, wenn sich der Arbeitnehmer tatsächlich bemüht hat zur Arbeit zu kommen. Bleibt er einfach zuhause, weil er meint nicht zur Arbeit kommen zu können, obwohl es ihm tatsächlich, wenn auch erheblich verspätet, möglich gewesen wäre, ist eine wirksame Abmahnung schon eher möglich. In jedem Fall ist es wichtig, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber frühzeitig in Kenntnis setzt und mit ihm das weitere Vorgehen bespricht.
Fazit
Es besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten mit der Situation umzugehen. Aus meiner Sicht sollte daher auf Seiten des Arbeitgeber sowie des Arbeitnehmers mit „Fingerspitzengefühl“ ge- und verhandelt werden. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen sollte es möglich sein einen gangbaren und einvernehmlichen Weg zu finden. Der Arbeitnehmer sollte bei dieser Verhandlung aber nie aus den Augen verlieren, dass für den Arbeitgeber jede bezahlte Stunde ohne Gegenleistung einen Schaden darstellt. Auch der Arbeitgeber ist, genauso wie der Arbeitnehmer, nicht für den Grund des Arbeitsausfalls verantwortlich.