Für den Fahrer spürbare Schaltvorgänge sind bei einem Porsche Boxter S vom Hersteller gewollt und dem dynamisch-sportlichen Anspruch an einen Porsche-Sportwagen geschuldet. „Natürlich“, könnte man meinen, ist doch ein Sportwagen! Oder ist es vielleicht doch ein Mangel der zum Rücktritt berechtigt? So sah es zumindest ein Kunde.

Sachverhalt

Über ihren Geschäftsführer leaste die in D. ansässige klagende Firma im Juni 2012 beim beklagten Autohaus in E. einen neuen Porsche 981 Boxter S. Das Fahrzeug hatte einen Verkaufswert von ca. 76.000 Euro und war mit einem 315 PS Mittelmotor und einem automatisch schaltenden Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet. In der Folgezeit beanstandete der Geschäftsführer der Klägerin, dass das Fahrzeug „ruckhaft beschleunige“ und „stotternd abbremse“. Nachdem Überprüfungen aus Sicht der Beklagten weder einen technischen Fehler, noch zu optimierende Einstellungen ergeben hatten, verlangte die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Der Kläger blieb mit seinem Begehren in erster und zweiter Instanz erfolglos. Nach sachverständiger Begutachtung des Fahrzeugs konnte des OLG Hamm (Urteil vom 18.03.2014, Az.: 28 U 162/13) keinen Mangel feststellen, der die Klägerin zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätte. Ein Mangel im Sinne des § 434 BGB liegt aber dann vor, wenn die Sache

„bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.“

Übliche und zu erwartende Beschaffenheit

Der Porsche weise, nach Bewertung durch das Gericht, die Beschaffenheit auf, die bei Fahrzeugen gleicher Art üblich sei und die ein Käufer erwarten könne. Das von der Klägerin als ruckhaft monierte Bremsverhalten des Fahrzeugs beruhe darauf, dass das automatische Getriebe des Sportwagens beim Bremsen zurückschalte und zwischen den Gangstufen selbstständig Zwischengas gebe. Diese für den Fahrer spürbaren Schaltvorgänge stellten keinen technischen Fehler dar. Sie seien vom Hersteller gewollt und dem propagierten dynamisch-sportlichen Anspruch an seine Sportwagen geschuldet.

Schaltverhalten technisch kein Mangel

Das von der Klägerin gerügte Schaltverhalten des Fahrzeugs beruhe auf technisch nicht zu beanstandenden, typischen Besonderheiten eines Porsche Boxter S. Der Kraftstoffersparnis diene, dass die Getriebesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen Motor und Getriebe trenne. Das sei eine herstellerseitig gezielt programmierte sog. Segelfunktion.

Porschetypische Schaltcharakteristik

Zu der für einen Porsche dieser Art typischen Schaltcharakteristik gehöre auch das beanstandete Zurückschalten bei moderatem Gasgeben, mit dem eine unmittelbare Beschleunigung ermöglicht werde. Der Beklagten sei auch nicht vorzuhalten, dass sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht auf die Besonderheiten des Schalt- und Bremsverhaltens hingewiesen habe. Dieses Fahrverhalten habe die Beklagte nicht unzutreffend beworben. Dem zu Grunde liegenden Prospektmaterial sei vielmehr zu entnehmen, dass das Fahrzeug „straffe und unmittelbare“ Schaltvorgänge zeige, was die Auswirkungen der Zwischengasfunktion und des Segelmodus beschreibe. Im Übrigen stellten die von der Klägerin beanstandeten Fahrweisen keine negative Eigenschaft des Fahrzeugs dar, sie würden von Erwerbsinteressenten unterschiedlich wahrgenommen und nicht generell als Nachteil bewertet.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 07.04.2014

Urteil: Spürbares Schalten und Bremsen beim Porsche 981 Boxter S – Bug oder Feature?